Bielefeld/Gütersloh/Minden (gär/mönt/raho). Etwa 150 Rechtsextremisten haben am Samstag in Ostwestfalen kaum einen Fuß auf die Straße bekommen. Ihre Aufmärsche in Bielefeld, Gütersloh und Minden wurden schon nach wenigen hundert Metern durch Sitzblockaden von Gegendemonstranten gestoppt. Die Polizei, die mit mehr als 2.000 Beamten im Einsatz war, hielt sich zurück. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit räumte sie den Neonazis den Weg nicht frei.
Unter dem Motto „Wir halten dagegen“ beteiligten sich allein in Bielefeld etwa 5.000 Menschen an einer zentralen Kundgebung. Rechtsextreme Gruppierungen „nutzen den Frust und die Perspektivlosigkeit vieler Menschen, um Angst vor Fremden zu schüren“, warnte die Superintendentin der evangelischen Kirche in Bielefeld, Regine Burg. Auch Oberbürgermeister Eberhard David (CDU) ergriff das Wort: „Wir setzen ein eindeutiges Signal. Extremisten haben in Bielefeld keinen Platz“, sagte er.
Zuvor hatten sich in den Morgenstunden am Bielefelder Bahnhof etwa 150 Neonazis aus Hamm, Dortmund, Gütersloh und Schaumburg versammelt. Die Rechtsextremisten wurden von einem großen Polizeiaufgebot abgeschirmt und einzeln durchsucht. Viele trugen Glatzen, schwarze Kappen und T-Shirts mit bizarren Aufschriften wie „Ewig lebt der Toten Tatenruhm“. Der Demonstrationsbeginn verzögerte sich um zwei Stunden. Unter anderem auch deshalb, weil die Neonazis nicht in der Lage waren, die erforderliche Anzahl von acht Ordnern zu stellen. Mehrere Ordner konnten nach Polizeiangaben wegen ihrer Vorstrafen nicht akzeptiert werden.
Gegen Mittag wollten die Neonazis endlich losmarschieren, doch sie kamen nur 200 Meter weit. Dann blockierten etwa 500 Menschen an der Schildescher Straße eine Bahnunterführung. Eine mögliche Alternativroute wurde von etwa 200 linksgerichteten Demonstranten, so genannten Autonomen, versperrt. Zwei Stunden standen die Neonazis still in der Spätsommersonne, dann ordnete ihr Versammlungsleiter Christian Menzer den Rückzug an. Anschließend teilten sich die Neonazis in zwei Gruppen auf und fuhren mit der Bahn nach Gütersloh und Minden. Doch in diesen beiden Städten wurden sie ebenfalls schnell ausgebremst. Weil Gegendemonstranten die genehmigte Demonstrationsroute der Rechtsextremisten blockierten, wurden diese in Minden von der Polizei in ein abgelegenes Gewerbegebiet geleitet.
In Gütersloh setzten sich ebenfalls 250 zumeist junge Menschen auf die Straße. Kurz darauf traten die Neonazis auch hier den Rückzug an. Anschließend beschwerten sie sich in allen drei Städten bei der Polizei, weil diese aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Gegendemonstranten, deren Zahl in Gütersloh und Minden insgesamt etwa 2.000 betrug, nicht aus dem Weg geräumt hatte. Bei einer Räumung seien jedoch Ausschreitungen zu befürchten gewesen, deshalb habe die Einsatzleitung davon nach längerer Beratung Abstand genommen, sagte ein Polizeisprecher.
Insgesamt wurden bei den Demonstrationen 13 Personen vorläufig in Gewahrsam genommen. Gegen zwei Personen wurde unter anderem wegen Steinewerfens Anzeige erstattet.
Quelle: Neue Westfälische, 18.09.2006